Sozialenzykliken und Verlautbarungen zur sozialen Frage

Quelle: Denzinger/Hünermann: Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, Herder Freiburg 1997.


Enzyklika "Rerum novarum", 15. Mai 1891

Dieses erste und grundlegende päpstliche Schreiben zur Soziallehre der Kirche wurde von Kardinal Gaspard Mermillod, Bischof von Lausanne-Genf und Gründer der Union catholique d’études sociales et économiques, veranlaßt. Die Entwürfe für dieses Schreiben stammen von P. Matteo Liberatore SJ, Kardinal Tommaso Zigliara OP und Kardinal Camillo Mazzella SJ. Die von Pius XI., Johannes XXIII., Paul VI. und Johannes Paul II. herausgegebenen Enzykliken anläßlich des 40., 70., 80. und 90. Jahrestages von "Rerum novarum"

Enzyklika "Mater et Magistra", 15. Mai 1961

Die Enzyklika zum 70. Jahrestag von "Rerum novarum" faßt die Soziallehre der vorhergegangenen Päpste zusammen und entwickelt sie im Hinblick auf die neue gesellschaftliche Situation nach dem 2. Weltkrieg weiter. Zum erstenmal werden die Problematik der unterentwickelten Länder und die Frage eines menschheitlichen Gemeinwohls aufgegriffen. Die Veröffentlichung mußte wegen Schwierigkeiten bei der Übersetzung des ursprünglichen italienischen Textes auf den 14. Juli verschoben werden.

Enzyklika "Populorum progressio", 26. Mai 1967

Die Enzyklika knüpft an die bereits in "Mater et magistra" angesprochene Hilfe für die Entwicklungsländer an. Gegenstand des Lehrschreibens ist das Konzept des "développement intégral", der vollen menschlichen Entfaltung der Völker. In seiner Bedeutung ist es den Enzykliken "Rerum novarum" und "Quadragesimo anno" zu vergleichen. Wie keine Sozialenzyklika vorher betont "Populorum progressio" die universale Dimension der sozialen Fragen und den Zusammenhang von Entwicklung und Frieden. Aufsehen haben vor allem der Hinweis auf die Sozialgebundenheit des Eigentums und das deutliche Urteil über den Manchesterkapitalismus in einigen Entwick-lungsländern gefunden.

Apostolisches Schreiben "Octogesima adveniens" an Kardinal Maurice Roy, 14. Mai 1971

Das Schreiben ist zum achtzigsten Jahrestag der Sozialenzyklika "Rerum novarum" entstanden. Besonders hervorgehoben wird die Bedeutung der Soziallehre der Kirche gegenüber den Ideologien des Marxismus, Sozialismus und Liberalismus. Der Marximus wird sowohl hinsichtlich seiner Doktrin als auch seiner Methode strikt abgelehnt. Sozialismus und Liberalismus werden differenzierter beurteilt, in ihren radikalen Spielarten aber gleichfalls zurückgewiesen.

Enzyklika "Laborem exercens", 14. Sept. 1981

Die Enzyklika ist zum neunzigsten Jahrestag der Sozialenzyklika "Rerum novarum" entstanden und führt deren Gedanken weiter. Sie hebt die Bedeutung der Arbeit für den Menschen hervor und betont den Vorrang der Arbeit vor dem Kapital.

Enzyklika "Sollicitudo rei socialis", 30. Dez. 1987

Die Enzyklika ist zum 20. Jahrestag des Apostolischen Mahnschreibens "Populorum progressio" entstanden. Sie soll einerseits die Bedeutung der Enzyklika Pauls VI. würdigen, andererseits die neuen Fragen der Entwicklung aufgreifen. Die neue Sozialenzyklika enthält u. a. eine eindringliche Kritik des Konsumismus und fordert für Frieden und Entwicklung eine Überwindung der Blockpolitik. Theologisch bedeutsam sind die Begriffe "Struktur der Sünde" und "Solidarität". Eine Kurzfassung der Sozialenzyklika enthält die Ansprache, die Johannes Paul II. am 24. März 1987 im Rahmen einer Gedenkfeier vor Vertretern des öffentlichen Lebens hielt (Insegnamenti di Giovanni Paolo II X/1 [Rom 1988] 669-677).

Enzyklika "Centesimus annus", 1. Mai 1991

Die Enzyklika zum 100. Jahrestag von "Rerum novarum" rekapituliert die Grundaussagen Leos XIII., skizziert den Weg gesellschaftlicher Umbrüche bis 1989 und erörtert die Sozialpflichtigkeit des Eigentums sowie das Verhältnis von Staat, Wirtschaft und Kultur.